Geschlechtssensibler Mathematikunterricht: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 10. Juli 2019, 14:46 Uhr
Da die Ergebnisse der TIMSS-Studie für Österreich enttäuschend waren, wollte ich das Lernumfeld und verschiedene Aspekte des Lehrens und des Lernens beleuchten, um nach Möglichkeiten zu suchen, meinen Mathematikunterricht noch effizienter und “schülerinnengerechter” gestalten zu können. Eine erste schriftliche Befragung mit den 2 Fragen „Mir kommt im Mathematikunterricht besonders entgegen, wenn wir ...“ und „Was ich eher ungut finde: ...“ ergab, dass sich die Schülerinnen in meinem Unterricht großteils wohl fühlen. Es gibt aber auch Punkte, mit denen die Schülerinnen nicht so zurechtkommen: Vor allem das praktizierte Tafelrechnen wird als eine "Gesichtsbedrohung" empfunden. Mit einer zweiten Befragung wollte ich nun noch detaillierter die Bedürfnisse meiner Schülerinnen erkunden. Insbesondere war es mir ein Anliegen, ihrer Sicht vom Tafelrechnen genauer nachzugehen. Die Hauptbotschaften aus dieser zweiten Befragung sind: Schülerinnen wollen, dass
- Zeichnungen, Bilder und Modelle gezeigt werden
- der Lehrer viel an der Tafel schreibt
- der Lehrer sympathisch ist
- es ganz still in der Klasse ist
- der Stoff einfach aufbereitet ist
- es nur einen Lösungsweg für eine Aufgabe gibt
- viele gleichartige Aufgaben gemacht werden
- der Lehrer bei Bedarf gefragt werden kann
- Fehler sofort vom Lehrer korrigiert werden
- der Stoff gemeinsam mit dem Lehrer durchgearbeitet wird
- sie erst dann an die Tafel drankommen, wenn sie den Stoff bereits gut verstanden haben
- sie sich freiwillig zum Tafelrechnen melden können
Bei manchen Antworten zeigt sich, dass die Meinung der Schülerinnen ziemlich gespalten ist; es ist daher aus der Sicht des Lehrers manchmal auch schwierig, allen gerecht zu werden. Ein Wechsel in den Vorgehensweisen des Lehrers im Unterricht ist daher unbedingt erforderlich. In einer weiteren Beobachtungsphase (mit Videoaufnahme und Führen eines Forschungstagebuchs) habe ich mich der Frage „Wie verhalten sich die Schülerinnen an der Tafel und auch die anderen Schülerinnen der Klasse und wie verhalte ich mich, wenn eine Schülerin an der Tafel “ins Stocken” kommt ?“ gewidmet. Ich konnte erkennen, dass sich keine gleichen Verhaltensmuster oder gleichen Problemabläufe zeigen. Der Hinweis, dass das Rechnen an der Tafel keine Prüfung ist, sondern lediglich für mich eine Entlastung darstellt, damit ich sozusagen „freigespielt“ werde um zum Beispiel Schülerinnen Hilfestellungen anbieten zu können, war sehr erhellend. Wichtig ist auch, dass die Schülerinnen klar erkennen können, ob Lehrerfragen echte Fragen sind oder Fragen, die Kritik darstellen. Durch explizites Hinweisen auf meine jeweilige Absicht versuche ich, Unklarheiten in Zusammenhang mit dem Tafelrechnen zu minimieren. Ich denke, es gelingt mir, die Kritikpunkte zu respektieren, aber weiter meine spezielle Form des Unterrichtens mit besonderer Förderung von Schüler-Schüler-Lehrer-Gesprächen auszubauen.
Autor/in: Gottfried Dangl
Durchführende Institution/en: Gymnasium und wirtschaftskundliches Realgymnasium des Schulvereins der Kreuzschwestern Linz (401106)
Fach/Fächer: Mathematik
Schulstufe/n: 9. und 10. Schulstufe
Dateien:
Kurzfassung,
Langfassung
Der Zwischenbericht dieses Projekts: Zwischenbericht zur IMST²-Studie "Geschlechtssensibler Mathematikunterricht"