Prüfungen in Physik und Chemie: Warum gibt es unterschiedliche Leistungen?

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Warum lernen Kinder verschieden viel bei gleichen Bedingungen in der Schule? Die Vermutungen, von denen ich ausging, waren, dass

(a) "...die leistungsmäßig schwachen Kinder nicht lernen bzw. wiederholen, weil sie einfach zu faul sind"
(b) "...die leistungsmäßig guten Kinder lernen und wiederholen", und
(c) "...dass es wohl nicht an meinem Unterricht liegt, weil ich ja alles tue, um den Lehrstoff verständlich zu machen (Versuche, Folien, Bilder, Merkstoff, ...)".

Um meine Fragen genauer zu untersuchen, verwendete ich verschiedene Methoden (z.B.: Analyse von Video-aufnahmen, Interviews, Unterrichtsbeobachtungen, Fragebögen, ...). Schließlich erschien mir ein Fragebogen für meine Zwecke am geeignetsten. Hier eine grobe Zusammenfassung der Auswertungsergebnisse:

  • Kinder, die im Halbjahreszeugnis mit "Sehr gut" beurteilt wurden, geben an, am Lehrstoff interessiert zu sein und diesen auch zu verstehen. Sie sagen, dass sie aufmerksam sind, dass sie gut zuhören, sehr gerne Versuche sehen (90 %) und auch selber gerne welche machen würden (70 %). Wenn sie etwas nicht verstehen, fragen 60 % von ihnen nach. Auf Prüfungen bereiten sie sich gewissenhaft vor, lernen so lange, bis sie die Antworten vom "Lernzettel=Fragenzettel" auswendig sagen bzw. aufschreiben können. 50 % von ihnen wiederholen den Merkstoff regelmäß9g und geben an, sehr leicht zu lernen.
  • Kinder, die in der Schulnachricht ein "Nicht genügend" haben, geben an, dass sie wenig Interesse am Gegenstand PC (Physik/Chemie) haben, dass sie unaufmerksam sind, vieles nicht verstehen und auch nicht fragen. Sie wiederholen den Merkstoff nicht regelmäßig (66 %), hören aber gut zu, sehen gerne Versuche (66 %) und möchten auch gerne selber welche machen (66 %).

Auf Prüfungen bereiten sie sich gewissenhaft vor, indem sie die Antworten vom "Lernzettel=Fragenzettel" oft auswendig lernen (66 %). Das überrascht mich, und ich suchte nach einer Erklärung für den geringen Lernerfolg trotz hohem Aufwand.

In persönlichen Gesprächen erfuhr ich, dass diese Kinder zuhause wirklich "lernen". Ihr "Lernen" besteht aus einem mehrmaligen Durchlesen, bis sie Fragen und Antworten erkennen und einander zuordnen können. Sie sind aber mündlich und schriftlich meist nicht in der Lage, auf Fragen frei und richtig zu antworten.

Meine ersten beiden Vermutungen wurden also im wesentlichen bestätigt, mit der Einschränkung, dass sprachliche Schwächen eine größere Rolle spielen als gedacht. Anders die dritte Annahme. Mein Unterricht erwies sich gerade durch die intensive Arbeit mit den Kindern im Laufe der Untersuchung als durchaus verbesserungsfähig.

Für mich ergaben sich eine Reihe von neuen Einsichten. Fehler zu machen stört mich jetzt nicht mehr so sehr wie vor der Durchführung der Studie. Sie erscheinen mir sogar notwendig, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen.


Autor/in: Rudolf Sailer
Durchführende Institution/en: Hauptschule Pottendorf (306092)
Fach/Fächer: Physik; Chemie
Schulstufe/n: 12. Schulstufe


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